Getreu dem Motto „Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“ machte ich mich vorgestern nach Feierabend auf Richtung Harsefeld, meiner „Heimatstadt“ sozusagen.
Eines der landschaftlich und architektonischen Highlights hier bei uns ist sicherlich der Klosterpark mit der ehemaligen Abteikirche St. Marien und Bartholomäi. Auf dem ca. fünf Hektar großen Gelände führt ein Wegeleitsystem mit informativen Tafeln entlang einer ca. 2 Kilometer langen „Klostermeile“.
Herzstück des Parks sind die in den 80er Jahren freigelegten Fundamente eines ehemaligen Benediktinerklosters, dessen Wurzeln zurückreichen bis ins Jahr 1102. Aufgelöst wurde es erst nach dem 30 jährigen Krieg 1647. Als eine der Besonderheiten des Harsefelder Klosters gilt, dass es als eines von sehr wenigen direkt dem Papst unterstellt war (www.harsefeld.de).
Tipp
Wer eine ähnliche nächtliche Fototour durch den Klosterpark plant, sollte, zumindest Anfang März, eine lichtstarke Taschenlampe bei sich tragen. Denn abseits der Parkbeleuchtungen wird es sehr schnell finster. Es fällt so viel schneller auf, welche Tiere ursächlich für die begleitend raschelnden Geräusche in den Gebüschen sind. Nein, es sind keine wintergebeutelten Vögel auf der Suche nach Nahrung oder triebiger Zweisamkeit. Im Lichtkegel waren sehr deutlich flinke Rattenkörper zu erkennen, arttypisch in Gemeinschaft. Optimistisch gesehen unterstreichen die possierlichen Tierchen das mittelalterliche nächtliche Pest-Ambiente zwischen kärglichen Klosterruinen und prächtigem Fachwerk.
Die Tour
Fotografiert habe ich auf meiner nächtlichen Runde zunächst die hübsch beleuchteten Holzstege.
Weiter ging es zum Gebäude des 1740 errichteten Amtshofes, in dem sich heute die Harsefelder Friedrich-Huth-Bücherei und im sogenannten Klosterkeller ein griechisches Restaurant befinden.
Auf dem Weg zum Museum stieß ich auch auf den „Erzabt zu Harsefeld“ aus Bronze, der für eine Darstellung einer so hohen geistlichen Person eher untypisch recht locker mit übereinander geschlagenen Beinen und einem Buch dasitzt. Es handelt sich um eine Stiftung des Lion Clubs Harsefeld vom 1. November 2008:
Damit würdigen die Lions die Bedeutung des Harsefelder Klosters, das seit Ende des 14. Jahrhunderts von Erzäbten geleitet wurde. Es war im Mittelalter als einziges Kloster dem Papst direkt unterstellt, galt als geistiges Machtzentrum im gesamten Elbe-Weser-Dreieck. Die lebensgroße Skulptur hat der Horneburger Künstler Carsten Eggers geschaffen.
Quelle: www.abendblatt.de
Von hier aus widmete ich mich dem Harsefelder Museum, dem ehemaligen Gerichtsgebäude. Schön anzusehen waren neben den angestrahlten Gebäuden die beleuchteten Bäume im Park.
Zurück ging es aus dem Park zur Marktstraße und von da aus zum Kreisel Herrenstraße/ Marktstraße/ Griemshorster Straße/ Friedrich-Huth-Straße. Ein verlassen wirkender Spielplatz mit Müllkorb im Schein einer Laterne sollte das letzte Fotomotiv für heute sein.
Ruhestätte der Untoten
Besonders sympathisch: Es gibt archäologische Befunde zur Bestattung Untoter im Kloster Harsefeld! Bei seinen Ausgrabungen fand Stader Kreisarchäologe Daniel Nösler einen Mann, dem die Beine gefesselt und der Unterkiefer festgebunden war:
Der Sarg war Jahre nach der Beerdigung aus dem Grab herausgehoben worden, mit dem Deckel nach unten tiefer als die übrigen Särge in eine Grube hinabgelassen worden. Das Grab wurde mit mehreren Lagen Klinkersteinen beschwert. Bei den Ausgrabungen im Kreuzgang des Klosters fand dieser Befund zunächst keine Beachtung und Erklärung. Erst kürzlich stieß der Archäologe auf ein Grab, in dem ein Totenschädel mit einem sehr schweren Stein bedeckt war – „mindestens vier starke Arme mussten ihn an Ort und Stelle gelegt haben“. Der Archäologe berichtet von Geschichten in Norddeutschland über Untote, Wiedergänger und Auszehrer. Nösler stellt fest: „Man hat im Nordwesten nicht nur solche Geschichten weiter erzählt, sondern tatsächlich gemäß dieses Volksglaubens gehandelt.“ Es gab im europäischen Volksglauben den Nachzehrer, der im Sarg blieb und von dort aus mit Hilfe des offenen Mundes oder des offenen Auges den Hinterbliebenen die Lebenskraft absaugen und sie somit auch in den Tod ziehen konnte.
Quelle: Wikipedia
Internationale Gartenschau (igs)
2013 war der Klosterpark sogar offizieller Partner der igs in Hamburg Wilhelmsburg. Eine Jury der igs wählte dazumal aus 50 Bewerbern im Umkreis von Hamburg und der Metropolregion Hamburg 20 als „Partnerprojekte“ aus, zu denen dann auch der Klosterpark gehörte. Was es Harsefeld unterm Strich tatsächlich an Touristen gebracht hat? Keine Ahnung – aber wenn schon die Erwartungen der igs in Hamburg massiv nicht erreicht wurden …
Geht trotzdem hin zum Fotografieren und lasst es mich in den Kommentaren gerne wissen 🙂
One thought on “Harsefeld bei Nacht – ein Klosterpark als Ruhestätte der Untoten”