Am Samstag, den 16. September war es endlich mal wieder so weit: Ein Foto-Workshop stand an. Diesmal zum Thema Lightpainting. Organisiert wurde das Ganze über das Cafe der Fotografie, einer Facebook-Gruppe, die auch regelmäßige Treffen in Buxtehude veranstaltet.
Veranstaltungsort war die Festung Grauer Ort, die uns die Möglichkeit geboten hatte, noch bei Tageslicht in den Gewölben (übrigens reich mit Fledermäusen bevölkert) genug Dunkelheit für Shootings zu haben und bei Nacht eine großartige Kulisse hergab. Wir waren 12 Personen plus die beiden Workshopleiter und absoluten Lightpainting-Nerds Robert Bakker und Stefan Werdich. Mehr Teilnehmer hätten es auch nicht sein dürfen, da das Gedränge um die optimale Position doch groß und der unterschiedliche Kenntnis- und Ausrüstungsgrad sehr unterschiedlich war. Los ging es um 17:00 Uhr, abgefahren bin ich ziemlich erschöpft und etwas durchgefroren nach Mitternacht.
Light-„Painting“
Das „Painting” muss tatsächlich wortwörtlich genommen werden, eine für mich wichtige Erkenntnis aus dem Workshop. Bisher dachte ich immer, ok, da leuchtet jemand mit cooler und (natürlich) teurer Technik rum, hat eine fette Kamera die niemals rauscht, fotoshopt geile Effekte rein und lässt sich billig loben – dieses Klischeedenken ist absolut falsch! Im Gegenteil: Photoshop-Bearbeitungen sind in der „Lightpainting-Szene“ sogar ziemlich verpöhnt.
Lightpainting ist tatsächlich Malen mit Licht. Dazu werden Objekte mit unterschiedlichen Lichtfarben „bemalt“ und es kommen „Malgeräte“ zum Einsatz, die Du käuflich erwerben oder, wie unsere beiden Workshopleiter, selbst basteln kannst. Die Basteleien der beiden haben mich nachhaltig beeindruckt. Beeindruckt hat mich zugleich auch, dass schon mit einfachsten Werkzeugen tolle Effekte zu erzielen sind. Experimentierfreudigkeit ist gefragt!
Meine Ergebnisse
Sehr schöne Fotos gibt es außerdem bei der Workshop-Teilnehmerin und Mitinitiatorin Hannelore Schneidereit.
Eine Kamera im Dunkeln bedienen
Hätte mich vor dem Workshop jemand gefragt, wie gut ich meine Kamera nach immerhin fast fünf Jahren kenne, hätte ich „gut“ angegeben – Luft nach oben ist ja immer 😉 Tja, im Dunkeln mit unbeleuchteten Tasten musste ich diese Benotung deutlich nach unten auf „ausreichend“ bis „mangelhaft“ korrigieren. Die Erfahrung war tatsächlich sehr spannend für mich, was vermeintlich sichere Handgriffe und welche tatsächlich eingeübt sind. Es betrifft ja nicht nur die Kamera, sondern auch das Objektiv (Umschalten von Manuell auf Autofokus und zurück, Kontrolle, ob der Stabilisator tatsächlich ausgeschaltet ist), Stativ-Schrauben und die Fernbedienung des Selbstauslösers mit seinen Einstellungsmöglichkeiten. Ein Lerneffekt trat zum Glück sehr schnell für das gesamte Equipment ein, so dass meine anfängliche Selbsteinschätzung im Nachhinein unterm Strich gar nicht so verkehrt und mindestens bei „befriedigend“ lag …
Sieben Voraussetzungen für Lightpainting-Fotografie
Es gibt sieben absolute Muss-Kriterien bei der Lightpainting-Fotografie, ohne die gelungene Bilder sehr schwer bzw. gar nicht zu machen sind:
1. Ein stabiles Stativ
Ohne stabiles Stativ werdet Ihr kein zufriedenstellendes Lightpainting-Foto hinbekommen. Die Betonung liegt dabei auf „stabil“. Eine Olympus OM-D wird mit einem leichteren Stativ gut in die stabile „Seitenlage“ bekommen zu sein, eine Canon 5 D Mark2 würde ich nicht darauf montieren. Solltet Ihr noch kein Stativ besitzen, klärt vor einem Kauf für Euch ab, für welche Kameras und für welche Einsatzzwecke ihr es benötigen werdet (Nachtaufnahmen, Wanderungen, Portraits etc.). Zu verführerisch kann ein Carbon-Stativ mit knapp einem Kilogramm Gewicht sein, das super stabil ist aber auch einen stolzen Preis hat und für den eigentlichen Bedarf ggf. total überdimensioniert ist. Kauft aber auch nicht zu billig – mir ist meine Canon 60 D schon mal von einem 25,00-€-Stativ runtergefallen (die Kameraplatte aus Plastik ist abgebrochen) und nur der Gurt, der sich oben verfangen hatte, hat den Aufprall auf den Boden verhindert.
Nützlich ist zudem ein Fernauslöser, mit dem Ihr die Belichtungszeit starten und stoppen könnt. Meine Canon 60 D zum Beispiel hat zwar einen Bulbmodus, macht es aber erforderlich, während der gesamten Belichtungszeit den Auslöser gedrückt zu halten – bei 15 bis 30 Minuten Belichtungszeit kann das ganz schön auf die Finger gehen und birgt natürlich die Gefahr von Verwackelungen. Selbst wenn Ihr bei Eurer Kamera die Belichtungszeit für den Bulbmodus einstellen könnt – er wird Euch ggf. einschränken: Zeit abgelaufen, Licht-Performance aber noch nicht zu Ende. Ich habe mir für den Workshop einen Funkauslöser für knapp 50 € zugelegt und bin damit super zufrieden und froh, dass ich den dabei hatte. Eine Teilnehmerin musste die Auslöser-Variante nutzen, was für ordentlich Verdruss, schmerzende Finger und vertane Chancen auf gute Bilder zur Folge hatte.
2. Weitwinkel-Objektiv
Lightpainting-Aufnahmen sind in der Regel ausladend, vor allem in Räumen wie Gewölben. Daher eignen sich Weitwinkel-Objektive am besten. Zudem habt Ihr dann später bessere Möglichkeiten, bei Bedarf zu croppen.
3. Ausgeschalteter Autofokus und Bildstabilisator
Diese Voraussetzung resultiert aus dem Fotografieren im Dunkeln und mit Stativ. Der Autofokus wird es in Dunkelheit sehr schwer haben, einen kontrastreichen Fokuspunkt zu finden, auf den er sich scharf stellen kann. Als Folge wird die Kamera ohne gefundenen Fokuspunkt nicht auslösen und statt dessen versuchen, ständig neu zu fokussieren. Das ist mir selbst passiert und ich hatte zunächst an der Funktion meines Selbstauslösers gezweifelt. Sehr ärgerlich, wenn die Performance startet und die Kamera viel zu spät auslöst.
Beim Fotografieren mit Stativ gilt generell (also auch am Tag): Bildstabilisator aus. Im Extremfall arbeitet der Stabilisator kontraproduktiv und versaut Euch das Bild mit Unschärfe, obwohl es gar nichts zu stabilisieren gibt. Es gibt Kameras, die erkennen, dass ein Stativ montiert ist und schalten den Stabilisator automatisch aus. Ich würde trotzdem auf Nummer sicher gehen.
4. Kamera mit Bulbmodus
Eure Kamera muss im sogenannten Bulbmodus belichten können, und zwar ohne, dass dazu permanent der Auslöser gedrückt werden muss (siehe oben). Der Bulbmodus erlaubt es Euch, beliebig lange zu belichten.
5. Licht
Habe eine künstliche Lichtquelle parat, falls es mit den Einstellungen an Kamera und Stativ im Dunkeln doch nicht so klappt, wie Du es Dir wünscht. Ideal ist eine Stirnlampe, bei der beide Hände frei sind (zum Justieren der Kamera werden eigentlich immer zwei Hände oder eine zusätzliche dritte helfende Hand mit Taschenlampe benötigt). Eine normale Taschenlampe tut es zur Not auch, ist aus genannten Gründen aber nicht ideal.
6. Ein schwarzes Tuch
Ein schwarzes bzw. lichtundurchlässiges Tuch dient dazu, während der Belichtungszeit zwischendurch das Objektiv abzudecken (z.B. in der Zeit zur Vorbereitung einer neuen Licht-Performance). Auf dem Workshop hatte ich in Ermangelung einer Alternative ein einfaches schwarzes T-Shirt dabei, das sehr gut funktioniert hat. Zur Not wird die Hand vors Objektiv gehalten, allerdings ist das für die Zeit, in dem neue Licht-Performances vorbereitet werden(was schon mal 10 oder 15 Minuten dauern kann), eine sehr anstrengende und unsichere Alternative. Spätestens wenn der Versuch unternommen wird, alleine Lightpainting-Fotografie zu betreiben, kommt Ihr um ein Tuch nicht herum.
7. Ausgeschaltete Rauschreduzierung
Sollte die Kamera über eine Rauschreduzierung verfügen, sollte diese unbedingt abgeschaltet werden können (bei der Canon 60 D nicht ganz einfach im Menü zu finden, hier erfahrt Ihr wie es geht: Rauschreduzierung – Einstellungen Canon 60 D). Denn diese Funktion bewirkt, dass nach Beendigung der Belichtungszeit noch einmal die gleiche Zeit für die Rauschreduzierung benötigt wird. Das heißt zum Beispiel bei 15 Minuten Belichtungszeit im Bulbmodus würden noch mal 15 Minuten für die Rauschreduzierung erforderlich sein, was 30 Minuten Gesamtzeit für ein Bild bedeuten würde. Keine gute Ausgangsposition um zu prüfen, ob das Licht-Experiment gelungen ist oder noch verbessert werden kann. Auch die Nacht hat mal ein Ende und vor allem die Geduld der Lightpainting-Mitstreiter.
Zwei Voraussetzungen, die sich eigentlich von selbst verstehen
Selbstverständlichkeiten, die jedem Fotografen klar sein müssten, aber für so „gut vorbereitete“ Menschen wie mich als Hinweis trotzdem sehr nützlich sein können:
1. Geladene Akkus
Generell sollte bei Nacht- und damit auch bei Lightpainting-Fotografie ausreichend Akkuleistung vorhanden sein. Insbesondere die Mirco Four Thirds Kameras wie z.B. die Olympus-Reihe OM-D sind kamerabedingt grundsätzlich sehr „durstig“. Belichtungszeiten bis 30 Minuten können während einer aufwendigen Lichtperformance durchaus vorkommen und vor allem die Akkuleistung spiegelfreier Kameras sehr fordern. Eine große Rolle für die Langlebigkeit eines Akkus spielt auch die Umgebungstemperatur – je kälter, desto schneller ist der Akku leer.
2. Genügend Speicherplatz
Nichts ist ärgerlicher, als bei einer guten Performance und bei perfektem Umgebungslicht keinen Speicher bzw. keine Speicherkarte mehr zur Verfügung zu haben. Das ist übrigens kein grundsätzliches Problem der Lightpainting-Fotografie (wie ich anfänglich angenommen hatte), denn die Lightpainting-Bilddatei wird aufgrund der langen Belichtungszeit nicht größer als ein normal belichtetes Foto („Das ist ja kein Film“ wie mir Roger Steen einleuchtend erklärt hat). Aber: Vor dem Hintergrund, dass sich auf ein Lightpainting-Shooting vorbereitet wird, Termine und Teilnehmer abgestimmt werden, bringt ein Lightpainting-Shooting oft unwiderrufliche Momente hervor, die meist schwerlich in einem weiteren Shooting nachzustellen sind.
Kamera-Einstellungen für Lightpainting
Hier ein paar Tipps, zu grundsätzlichen Kamera-Einstellungen:
- ISO auf 50 oder 100 stellen (automatische ISO aus)
- Weißabgleich auf automatisch
- Blende (je nach Leuchtkraft der verwendeten Lichter) zwischen 6 und 11, je heller die Lichtquelle, desto kleiner die Blende. Hier ist manchmal Experimentieren oder Erfahrung gefragt.
- Bulbmodus
- Autofokus aus (zum Fokussieren bei eingeschalteter Lichtquelle am Standort der Lichtperformance kann er zunächst genutzt werden, bevor die Aufnahme dann startet, wieder auf manuell stellen). Ich habe aufs Fokussieren meistens Verzichtet und die Einstellung „unendlich“ gewählt. Damit bin ich meiner Meinung nach gut gefahren.
- Bildstabilisator aus
- Rauschreduzierung aus
- Sofern Eure Kamera das unterstützt (momentan nur mit der Olympus OM-D-Reihe möglich): Live-Composite – damit könnt Ihr während der Belichtung live das entstehende Bild sehen und die Beleuchtung korrigieren bzw. kreativ einsetzen. Das Fotografieren wird damit wortwörtlich zum „Malen“ mit Licht. Ohne Live-Composite bleibt das Ergebnis ein spannendes Glücksspiel (wie bei meiner Canon 60 D) – was, wie analog aufgenommene Fotos, sicherlich seinen ganz eigenen Reiz hat.
Fazit
Der Workshop hat riesen Spaß gemacht. Ich bin (meiner Meinung nach) mit tollen Bildern nach Hause gegangen. Das hatten uns Robert und Stefan im Vorfeld auch schon zugesichert, um so schöner, wenn die Erwartungen auch tatsächlich erfüllt werden. Ich habe viel über meine Kamera gelernt, was mir zukünftig nicht nur im Dunklen eine große Hilfe sein wird. Außerdem bin ich mir sehr sicher, dass das Thema Lightpainting nicht auf die Erfahrungen aus dem Workshop beschränkt bleiben wird. Ich freue mich schon jetzt auf eigene Basteleien und Experimente.